Schilddrüsenerkrankungen Teil II - Hyperthyreose, Morbus Basedow und weitere Überfunktionsformen
- Kristina Kraemer
- 6. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Die Schilddrüse ist ein zentrales Steuerorgan des Körpers. Ihre Hormone wirken wie ein Taktgeber für Stoffwechsel, Kreislauf, Verdauung und viele andere Prozesse. Während in Teil I dieser Serie die Hypothyreose und Hashimoto-Thyreoiditis im Fokus standen, geht es diesmal um Überfunktionszustände: die Hyperthyreose, den Morbus Basedow und die Thyreoiditis de Quervain.
Schilddrüsenerkrankung Hyperthyreose – Wenn die Schilddrüse überdreht
Ursache
Bei einer Hyperthyreose produziert die Schilddrüse übermäßig viel T3 und T4. Die Folge ist ein insgesamt gesteigerter Stoffwechsel.
Typische Auswirkungen
• Erhöhter Grundumsatz und Kalorienverbrauch, oft verbunden mit ungewolltem Gewichtsverlust.
• Erhöhte Körpertemperatur und schnellerer Puls.
• Vermehrtes Schwitzen und Wärmeunverträglichkeit.
• Verdauung läuft schneller (häufigere Stuhlentleerung).
• Neigung zur Unterzuckerung, weil Glukose rasch verbraucht wird.
• Nervosität, Ruhelosigkeit und Schlafstörungen.
Hormonelle Besonderheiten bei Überfunktion
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion „läuft der ganze Körper auf Hochtouren“. Dazu gehören nicht nur die Stoffwechselprozesse, sondern auch eine veränderte Empfindlichkeit gegenüber anderen Hormonen:
• Ruhelosigkeit und Schlafprobleme sind häufig.
• Der Körper reagiert überempfindlich auf Stresshormone wie Adrenalin sowie auf Sexualhormone wie Östrogen.
• Die Symptome können leicht mit einem Adrenalinüberschuss verwechselt werden, weil beide Zustände ähnliche Beschwerden auslösen.
• Langfristig kann die Schilddrüse nach dieser Überaktivität in eine Erschöpfung übergehen und eine Unterfunktion entwickeln – sie „gibt noch einmal alles, bevor sie aufgibt“.
Zwischenstopp: Schilddrüsenüberfunktion oder Adrenalinüberschuss?
Bei Beschwerden wie Nervosität, Herzklopfen oder Schlafstörungen denken viele direkt an eine Schilddrüsenüberfunktion. Aber auch ein Adrenalinüberschuss (z. B. durch Stress oder Erschöpfung der Nebennieren) kann ganz ähnliche Symptome hervorrufen. Beide Zustände teilen sich folgende typische Anzeichen:
• Ruhelosigkeit und Nervosität
• Herzklopfen
• Abmagerung oder Gewichtsverlust
• Schlafstörungen
• Übermäßiges Schwitzen
• Gefühl von Überforderung
Wichtig zu wissen:
Schilddrüsenhormone erhöhen die Empfindlichkeit des Körpers für Adrenalin. Deshalb können sich beide Zustände auch gegenseitig verstärken.
Wie kann man sie unterscheiden?
Typisch für Adrenalinüberschuss:
• Gefühl von Erschöpfung bei gleichzeitiger innerer Unruhe.
• Symptome verbessern sich kurzfristig nach Sport oder süßen/ kohlenhydratreichen Mahlzeiten.
• Herzklopfen besonders beim Einschlafen, Ruhelosigkeit eher in Schüben.
• Körpertemperatur oft unter 37 °C.
• Konzentrationsprobleme.
• Menschen reagieren empfindlich auf Schilddrüsenhormone (T3 oder T4) – sie werden davon noch unruhiger und schlafen schlechter.
Tipp: Labortests (TSH, fT4, fT3) helfen zu unterscheiden, ob eine Schilddrüsenüberfunktion vorliegt.
Schilddrüsenerkrankung Morbus Basedow – Autoimmunerkrankung mit typischen Zeichen
Ursache
Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Antikörper (TRAK) die Schilddrüse zur Überproduktion von Hormonen anregen. Charakteristisch ist, dass diese Überfunktion unbehandelt oft in eine Unterfunktion übergehen kann.
Klassische Symptome
• Die berühmte Merseburger Trias:
• Exophthalmus (hervortretende Augen, „Glubschaugen“),
• Struma (Kropf),
• Tachykardie (erhöhte Herzfrequenz).
• Diese Trias tritt nicht bei allen Patienten vollständig auf.
• Prätibiales Myxödem: teigige, nicht wasserbedingte Schwellung am Schienbein, verursacht durch Verzuckerungen im Gewebe.
• Nachweis von TSH-Rezeptor-Autoantikörpern (TRAK) im Blut.
Therapie
• Medikamente zur Drosselung der Hormonproduktion, z. B. Carbimazol oder Thiamazol.
• In manchen Fällen kommen Radiojodtherapie oder Operation in Betracht.
Schilddrüsenerkrankung Thyreoiditis de Quervain – die schmerzhafte Entzündung
Ursache
• Eine entzündliche Erkrankung der Schilddrüse, nicht autoimmun bedingt.
• In der Bildgebung oft sogenannte Riesenzellen nachweisbar.
Typischer Verlauf
• Häufig zunächst eine Überfunktion, gefolgt von einer Übergangs- oder Dauerunterfunktion.
• Schmerzen in der Schilddrüse beim Schlucken oder Abtasten.
• Mögliche Vergrößerung der Schilddrüse.
• Erhöhte Entzündungswerte im Blut (CRP).
• Oft nach Stress oder Infekten als Auslöser.
Prognose
• In den meisten Fällen klingt die Entzündung mit Behandlung (z. B. Kortison) innerhalb weniger Wochen ab.
Fazit
Schilddrüsenüberfunktionen können unterschiedliche Ursachen haben und sehr ähnliche Symptome mit anderen hormonellen Störungen teilen. Eine gründliche Diagnostik ist entscheidend, um zwischen Schilddrüsenüberfunktion und z. B. einem Adrenalinüberschuss zu unterscheiden. Wer sich über Wochen ruhelos, überhitzt und erschöpft fühlt, sollte deshalb nicht nur Stress, sondern auch die Schilddrüse abklären lassen.